Ein Lächeln für alle Stinkstiefel
Ein Freund veröffentlicht in seiner Freizeit sehr schöne kulinarische Reisevideos auf YouTube. Sie machen ihm viel Mühe, und er ist zu Recht stolz darauf. Kürzlich erhielt er einen nörgeligen Kommentar: „Oh Gott, wie langweilig du sprichst!” Er verkniff sich eine scharfe Antwort und schrieb stattdessen zurück: „Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, das Video anzusehen und einen Kommentar zu schreiben. Einen schönen Tag für dich!” Diese Reaktion hat mir gefallen. Sie steht für eine wunderbare Methode, um mit negativen Menschen umzugehen: Sich nicht selbst in ihre düstere Gefühlslage hinabziehen zu lassen.
Du hast ähnliche Erlebnisse sicher manchmal in deinem Alltag. Du schreibst etwas auf Facebook, und plötzlich werden einige Freunde richtig verletzend. Du parkst nicht ganz perfekt, und sofort schnauzt dich ein Passant an, als wäre er dein Vater. Du brauchst an der Kasse ein bisschen länger, und schon wird hinter dir böse geschimpft. Die anderen mögen ihre Gründe haben. Vielleicht sind sie selbst gestresst, genervt, frustriert oder nur gedankenlos. Du weißt es nicht, und du kannst es in diesem Moment auch nicht ändern. Auf eines hast du aber immer Einfluss: Auf deine Reaktion. Sie macht den Unterschied für den anderen und dich aus.
Wenn du auf eine negative Äußerungen ebenso reagierst, fühlt sich das vielleicht kurzfristig gut an. Du gibst deinen Ärger zurück, indem du zurückschlägst. Ebenso schimpfst, dem anderen vielleicht ein paar persönliche Vorwürfe und Bosheiten an den Kopf wirfst. Er wird sich dann aber verteidigen wollen, so geht das also immer weiter. Bald ärgerst du dich nicht nur über ihn, sondern auch über dich – wie viel Zeit und Kraft du sinnlos verschwendest. Die meisten Menschen fühlen sich nach solch einem Erlebnis erschöpft und niedergeschlagen. „Wieso sind nur alle solche Idioten”, fragt sich manch einer resigniert. „Ist überhaupt noch einer normal?”
Nicht vom Frust anderer anstecken lassen
Mit einer freundlichen, höflichen und vielleicht sogar leicht amüsierten Antwort setzt du einen Gegenpunkt. Der andere benimmt sich daneben? Du stehst darüber. Gemecker im Internet? „Vielen Dank für deine Meinung, auch spannend.” Unerwünschte Hinweise beim Einparken? „Wollen Sie es für mich erledigen?” Genöle an der Kasse: “Geht gleich noch langsamer, wenn ich erst jeden trösten soll.” Man muss nicht alles ernst nehmen oder auf sich beziehen. Oft spricht auch negativen Menschen eher eigener Frust. Das kann man zur Kenntnis nehmen. Aber man sollte sich darüber nicht ärgern und erst recht nicht davon anstecken lassen.
„Mancher kommuniziert, als würde er seine Nachrichten mit einer Brieftaube durchs geschlossene Fenster schmeißen: Botschaft übermittelt, aber der Schaden ist groß und alle Beteiligten entweder tot oder angewidert”, heißt es in meinem Buch (Kapitel ab S. 93). „Für alle, die schon länger auf Social-Media-Plattformen unterwegs sind, ist das fast akzeptierte Normalität und wird notgedrungen in Kauf genommen. Tatsächlich findet sich da im kommunikativen Schlamm ja auch immer wieder mal eine Perle, wenn man tief genug gräbt.” In anderen Lebensbereichen gilt das ebenso: Viele Stinkstiefel unterwegs.
Selbstverständlich heißt das nicht, dass du alles unwidersprochen hinnehmen musst. Oft ist ein klares Wort von dir absolut notwendig, etwa im Beruf oder Privatleben. Aber du solltest dir deine Kämpfe überlegt aussuchen. Sie kosten dich deine Zeit und Kraft, sollten sich also lohnen. Das mies gelaunte, unüberlegte Geschimpfe anderer über irgendeine Nichtigkeit kannst du jedoch weitgehend überhören oder mit einem Lächeln antworten: „Na, heute ist jemand ja nicht so gut drauf. Einen schönen Tag noch!” Vielleicht inspirierst du den anderen sogar auf einer positiven Weise, und er denkt sich: Stimmt, so schlimm war die Sache nun auch wieder nicht.