Du hast ein Recht auf deine Meinung
Viele Leute haben heutzutage ziemlich festgefahrene Ansichten: Am liebsten hören sie nur noch Meinungen, die eine Variante ihrer eigenen sind. Nach dem Motto: „Also, wenn du nicht auch ein polysexueller Veganer bist, der sich für den Buddhismus entschieden hat, interessieren mich deine Ansichten eigentlich nicht so.” Aber wehe, du hast selbst einmal eine eigene Meinung. Da kann das Thema noch so unbedeutend sein. „Was, du ißt gern Erdbeerkuchen?! Ich bin nicht sicher, ob wir noch eine gemeinsame Zukunft haben!” Aber sich ständig selbst verleugnen ist auf Dauer ein hoher Preis für ein bisschen Frieden.
Du hast ein Recht auf deine Meinung. Dabei geht es nicht um Kleinkram, ob du etwa den letzten „Tatort” gut gefunden hast oder als eine Form der schweren Körperverletzung verurteilst. Oder darum, ob Yoga oder Pilates nun schlechter für die Bandscheiben ist. Sondern darum, dich als Person geschätzt und respektiert zu fühlen. Was du sagst und denkst, wird von dem anderen akzeptiert und ernst genommen. Entscheidend ist das vor allem bei den großen Fragen. Wie willst du leben, was stellst du dir vor? Hier deine Meinung zu verleugnen aus Sorge, jemanden damit zu verärgern, kostet dich langfristig dein Lebensglück.
Sag früh, was für dich entscheidend ist
Gerade bei grundlegenden Entscheidungen bin ich sehr dafür, seine Meinung früh auszusprechen. Das spart viele Verrenkungen und Umwege. Oft braucht es dafür gar keine große Ansprache. Ein Nebensatz reicht schon. Wenn du beispielsweise beim Dating nebenbei sagst, „Ja, ich will heiraten und später einmal Kinder”, wirst du viele sofort abschrecken. Wer eigentlich eher etwas Unverbindliches sucht, verabschiedet sich möglicherweise noch vor dem Hauptgang. Aber hast du da wirklich etwas verpasst? Andere dagegen werden plötzlich interessiert sein: „Ich auch! Ich trau mich das nur schon gar nicht mehr zu sagen!”
Du darfst dich also ausdrücklich ermutigt fühlen: Deine Meinung zählt und ist wichtig. In deinen Beziehungen – Partnerschaften, Freundschaften, aber auch Arbeitsverhältnissen – sollte es ungefähr zur Hälfte nach deinen Vorstellungen gehen. Leicht ist das natürlich, wenn man sowieso viele Dinge ähnlich sieht. Aber ich kenne auch viele langjährig verheiratete Ehepaare, die sich ihren Alltag aushandeln müssen, und trotzdem zusammen glücklich sind. Einer will in den Ferien in die Berge, der andere ans Meer? Dann eben abwechselnd oder an einen Ort, der beides hat. Oder vielleicht auch mal separat, das kann auch aufregend sein.
Dabei geht es weniger um Kompromisse, also um verwässerte Halbheiten. Ein Kompromiss ist oft ungefähr so lecker wie Schweinebraten mit Himbeereis. Nur, weil beide jeweils eines davon wollten, wird da nicht zwingend ein gelungenes Gericht daraus. Besser ist es, offen für neue Ideen und Unternehmungen zu sein – sich dafür zu interessieren, was den anderen begeistert. Du hörst am liebsten Capital Bra, aber dein Partner ist ein totaler Opernfan? Geh einfach mal mit und lass dir erklären, was ihm daran gefällt. Vielleicht ist die Musik nichts für dich, aber das Gebäude, die Kostüme und die feierliche Stimmung waren doch schön.
Manche Paare und auch Freunde machen sich sogar einen Spaß daraus, ihre Meinungen zu vergleichen – spielerisch wie einst in Kindertagen. Was würdest du machen, wenn du eine Million Euro im Lotto gewinnen würdest? Wo würdest leben, wenn es überall sein könnte? Was waren die fünf besten Bücher, die du bisher gelesen hast? In solchen Vergleichen wird klar, dass eine Meinung selten besser als die andere ist. Es zeigt sich vielmehr, dass verschiedene Ansichten das Leben interessant und unterhaltsam machen. Du selbst trägst dazu bei, indem du die äußere Welt an deiner inneren teilhaben lässt.